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Ein Studentenbrief nach Hause


Liebe Mama, lieber Papa!

Vor 3 Monaten habe ich die Universität begonnen und weiß, dass wir bisher wenig Kontakt hatten. Darum will ich euch jetzt alles erzählen, was bisher so geschehen ist:

Nun ja, eigentlich läuft alles recht gut.

Vor ein paar Wochen hatte ich eine Gehirnerschütterung, die ich mir auf einer Party zugezogen habe, aber das kam einfach daher, dass ich die falschen Pillen geschluckt habe, die irgendein Junge mir gegeben hat. Ich erinnere mich nicht mehr so genau daran und meine Klamotten habe ich auch fast alle wieder zurück, macht euch keine Sorgen. Gott sei Dank musste ich nur kurz ins Krankenhaus, und habe jetzt nur noch ein paar Mal am Tag Kopfschmerzen. Die Narbe am Kopf tut auch kaum noch weh, und die Haare wachsen auch schon langsam nach.

Anfangs wurde ich durch den Lärm im Studentenwohnheim sehr gestört, aber jetzt wohne ich bei einem sehr netten Jungen, der bei der Tankstelle um die Ecke arbeitet. Er ist dafür verantwortlich, die Autos vor der Waschanlage vom Matsch zu befreien. Er ist wirklich ein Schatz und wir wollen heiraten. Wir haben noch kein Datum festgelegt, aber ich will nicht zu lange warten, sonst sieht man, dass ich schwanger bin.

Ja Mama und Papa, ich bekomme ein Kind und es läuft prima. Ich fühle mich zwar ab und zu etwas müde, aber das kommt nur durch die Medikamente, die ich nehme gegen die Infektion, die ich mir dummerweise von Abduls Freund eingefangen habe. Aber das ist nicht seine Schuld, ich hätte einfach besser aufpassen müssen. Ihr werdet Abdul mögen. Er hat zwar keine Ausbildung, ist aber sehr ehrgeizig und will bald seine eigene Tankstelle eröffnen. Zumindest falls wir das Geld unter meinen Namen leihen können. Ich hab' ihm aber fest versprochen, daß Ihr uns unter die Arme greifen werdet.

Es ist schon blöd, nur weil er kein Deutscher ist und kaum deutsch kann, und 'ne Weile im Gefängnis gesessen hat, kann er keinen Kredit bekommen. Das ist doch echt diskriminierend. Aber er sagt, er wüsste schon, wie ich mit 1-2 Stunden leichter Arbeit am Tag viel Geld verdienen könnte. Ich habe ihm Geld geliehen, weil er mir 'nen Fummel und eine Videokamera kaufen will. Sicher will er mich überraschen, aber ich hab's rausbekommen. Er kümmert sich wirklich total süß um mich. 

Er interessiert sich auch sehr für Politik und ist Mitglied von einer arabischen Organisation. Ansonsten weiß ich da nicht so viel drüber, ich muss nämlich immer gehen, wenn sie sich versammeln.

Vorgestern musste ich ihn bei der Polizei abholen und es war toll zu sehen, wie er die 3 Polizisten mit ein paar Argumenten zum Schweigen brachte.

Abdul ist wirklich stolz auf mich und findet dass ich mit dem Kopftuch noch viel schöner bin als all die anderen Frauen, die er bisher hatte.

So, jetzt wisst ihr, was alles HÄTTE geschehen können.

Ich will noch eben loswerden, dass ich keine Gehirnerschütterung, Pillen, Baby, Geschlechtskrankheit oder Freund habe und auch kein Kopftuch trage. Ich hab zwei Vierer in Geschichte und 'ne Fünf in Philosophie und wollte eigentlich nur, dass Ihr das im richtigen Verhältnis seht.

Liebe Grüße nach Hause!

Eure Tochter